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Benedikt – Coelestin

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Coelestin V.

Pietro del Morrone war schon fast 80, als das von Missgunst und Intrigen heimgesuchte Kardinalskollegium den im Ruf der Heiligkeit stehenden Einsiedler zum Papst wählte. Unter großen Bedenken nahm er als Coelestin V. die Wahl an und versuchte in Demut und Bescheidenheit, Papstamt und Kirche zu ihrem Ursprung in Christus zurückzuführen. Doch er scheiterte an den Anfeindungen der Welt. Schließlich gab er bekannt, er werde am 13. Dezember 1294 von seinem Amt zurücktreten – als erster Papst der Kirchengeschichte. Das Volk war entsetzt und demonstrierte vor dem päpstlichen Quartier, doch keine Chance: Pietro zog die päpstlichen Gewänder aus und legte wieder seine Mönchskutte an. Sein Nachfolger wurde Benedetto Caetani, sein früherer Berater, der maßgeblich an der Intrige gegen ihn mitgesponnen hatte – unter anderem hatte er nachts, den Heiligen Geist mimend, vor Coelestins Bett geflüstert “Coelestin, Coelestin, danke ab! Das Amt ist zu schwer für deine Schultern!” – Eine seiner ersten Amtshandlungen als Bonifatius VIII. war, in die Tiara einen zweiten Kronreif einzuführen. Anschließend ließ er Pietro verfolgen und bis an sein Lebensende gefangenhalten. Im Jahre 1313 wurde der Mönchspapst schließlich von seinem Nach-Nach-Nachfolger Clemens V. heiliggesprochen.

Benedikt XVI.

700 Jahre später. Joseph Ratzinger war schon fast 80, als ihn ein zutiefst gespaltenes Kardinalskollegium zum Papst wählte. Auch er hatte nicht Papst werden wollen, sondern plante, sich zurückzuziehen und geistliche Bücher zu schreiben. Auch er stellte sich in Demut dem Ruf der Kardinäle. Auch er versuchte in Demut und Bescheidenheit, Papstamt und Kirche zu ihrem Ursprung in Christus zurückzuführen. Und anders als Coelestin glitt ihm die Herrschaft nicht aus den Händen, sondern er konnte acht Jahre lang segensreich im Weinberg Christi wirken. Und doch gab er schließlich bekannt, er werde am 28. Februar 2013 von seinem Amt zurücktreten – der zweite freiwillige Papstrücktritt der Kirchengeschichte.

Was wird folgen? Wird sich das Volk in Rom versammeln und gegen den Rücktritt demonstrieren? Wird sein Nachfolger ein weltlicher Mann werden wie Bonifatius? Wird er den Papst – wenn auch wohl kaum physisch, so doch geistlich – gefangenhalten, wird er sein Werk der Entweltlichung zurückdrehen, oder wird er den Pfad der Heiligung weiterschreiten, den Benedikt XVI. eingeschlagen hat?

Lasst uns beten, beten, beten. Und lasst uns unserem guten Papst Benedikt von Herzen danken für die acht Jahre seines gnadenreichen Wirkens!!

*

Für mich persönlich hat dieser Rücktritt eine besondere Qualität. Als Joseph Ratzinger 2005 zum Papst gewählt wurde, war ich noch Protestant. Ich weiß noch, wie ich vor Freude im Zimmer umherhüpfte, als ich von der Papstwahl las. Dass ein so sensibler, traditionsfreudiger und kunstsinniger Mann zum Nachfolger des Pop-Papsts Johannes Paul II. gewählt wurde, war für mich eins der wichtigsten Signale, meine Konversion, die ich schon längst angedacht hatte, konkret werden zu lassen. 2006 wurde ich in die katholische Kirche aufgenommen.

Ich kannte als Katholik keinen anderen Papst als Benedikt. Es war eine schöne Zeit mit diesem Papst. Ich bin traurig.


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