Ich weiß ja nicht, ob irgendwer in der Kirchengeschichte schonmal den Ritus vollzogen hat – aber da die Hydra keine unsterbliche Seele hat, wäre auch eine Doppeltaufe nicht so tragisch.
So geschehe es denn:
Hydra, ich taufe Dich auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!
Nun mag sich manch einer meiner intelligenten Leser wohl fragen: Warum tauft der Geistbraus denn heute die Hydra? Ist diese alte griechische Vettel nicht dreitausend Jahre lang als Heidin wunderbar zurechtgekommen?
Nun, um das zu erklären, muss ich etwas weiter ausholen.
Schauen wir einfach mal auf die andere Seite der Mittelmeerkarte, nach Iberien. Dort werden am 9. November 2014 die Katalanen über die Unabhängigkeit von Spanien abstimmen. Die Spanier sind erwartungsgemäß no amusado, wettern und toben aus Madrid, bezeichnen das Referendum gar als illegal und nehmen den Katalanen grad extra noch Zuständigkeiten weg. Die Katalanen toben drob natürlich noch stärker, und die Chancen, dass sie im November tatsächlich für die Unabhängigkeit votieren, stehen gut – weitaus besser jedenfalls als die der Schotten, die 2014 ebenfalls abgestimmen und wo man das Thema seitens der Londoner Zentralregierung deutlich gelassener angeht und es in der BBC sogar offene Diskussionen über die jeweiligen Vor- und Nachteile gibt.
“Wer Zentralismus sät, wird Separatismus ernten”, verkündet in Großdruck der obenverlinkte Artikel. Wer versucht, der Hydra ein Haupt abzuschlagen, sorgt nur dafür, dass zwei neue nachwachsen.
Just in der Mitte zwischen Griechenland und Spanien liegt ein anderes Land, dessen Namen ich, weil meine Leser gar so intelligent sind, nicht einmal erwähnen muss. Dort werden momentan auch exzessiv Hydrenhäupter abgeschlagen. Wie die Hydra heißt, darüber kann man geteilter Meinung sein, sie heißt wohl zunächst “Franziskaner der Immaculata”, dann aber auch “Traditionalismus”, und letztendlich wohl gar “Kirche”. Wie der Möchtegern-Herkules heißt, dürfte ebenfalls bekannt sein, sein Name fängt mit Vol- an und hört mit -pi auf, und dieser Herr darf sich stolz rühmen, kurz vor Weihnachten mit frischem Schlag drei Häupter abgetrennt, sprich: drei Konvente aufgelöst und deren Mitglieder nach Afrika und Asien verbannt zu haben.
Als ich das las, ging mir freilich das Messer in der Hose auf. Man kann dieses Vorgehen kaum anders als verachtenswert und mies nennen, und man sollte das Auge nicht davor verschließen, dass der katholische Traditionalismus in diesen Tagen seine stärkste Verfolgung seit den 70er Jahren erlebt.
Dennoch: Es scheint dem Möchtegern-Herkules zu entgehen, dass man Hydrenköpfe rollen lassen kann, soviel man möchte: ihr mittlerer und größter Kopf aber ist unsterblich. Man kann Konvente auflösen, man kann die Brüder verbannen, man kann den Gründer einsperren, aber man kann keine Ideen töten. Erst recht nicht, wenn es keine menschlichen Ideen sind, sondern die heilige und unverfügbare Tradition, die durch den Beistand des Heiligen Geists in der Kirche seit den Tagen der Apostel weitergegeben wird.
Wenn es nach solcherlei Möchtegern-Herkulessen ginge, würden wir heute noch zum Mars und zum Jupiter beten. Was haben in den ersten Jahrhunderten die Bewahrer der ausgeleierten Alten Schläuche nicht alles getan, um den Aufstieg des menschgewordenen Gottes aus Bethlehem zu unterbinden! Wieviele Christen haben sie zu Märtyrern gemacht – und wieviele neue Glaubenszeugen hat jedes abgeschlagene Christenhaupt hervorgebracht!
Wer Zentralismus sät, wird Separatismus ernten. Wer Jupiter sät, wird Christus ernten. Wer Bruch sät, wird Tradition ernten.
Noch (ich glaube, das schrieb ich kürzlich bereits) hat kein Katholik wegen seines Eintretens für die Tradition sein Leben lassen müssen. Doch Verbannung und Gefangenschaft haben in einer Welt, die in weiten Gebieten keine Todesstrafe mehr kennt, ihren Platz als schwerste aller Strafen eingenommen. Verbannung und Gefangenschaft wird den Franziskanern der Immakulata zuteil. Wenn die Feinde der Tradition zum äußersten Mittel greifen, muss die Gefahr groß sein. Doch sie kämpfen vergebens. Für jedes abgeschlagene Haupt, für jeden verbannten Franziskaner wachsen zwei Blogs, zwei Laieninitiativen, zwei junge traditionsorientierte Priester nach. Die Hydra wächst und gedeiht. Das ist das entscheidende.
Für den Siegeszug des Christentums war es nicht entscheidend, ob sich beim kaiserlichen Machtkampf Anfang des 4. Jahrhunderts Konstantin oder Licinius durchsetzte. Egal wer in Rom herrschte – er hatte auf Dauer nur zwei Möglichkeiten: mit der wachsenden Hydra seinen Frieden zu machen oder sich von ihr fressen zu lassen.
Nun, ganz soweit sind wir heute noch nicht.
Doch auch für uns gilt: So erschreckend und in der jüngeren Kirchengeschichte beispiellos die Gewaltakte aus Rom sind – das alles macht uns nur stärker. Es kommt nicht darauf an, ob der nächste Papst Benedikt XVII. oder Franziskus II. heißt. Es kommt auf uns an. Nichts wäre fälscher als jetzt den Mut sinkenzulassen. Wir sind jung, wir sind motiviert, wir sind gut vernetzt – und der Heilige Geist streitet für uns. Was könnten wir uns besseres wünschen?
“Die Hydra aber wuchs und wurde stark, voller Weisheit, und Gottes Gnade war bei ihr” (Lk 2, 40).